Was ist eine Exit-Strategie bei Aktien?

„Der Gewinn liegt im Einkauf“ lautet eine alte Kaufmannsregel, doch mindestens genauso wichtig ist die richtige Exit-Strategie. Neben klaren Kaufsignalen ist es essenziell für Investoren, eine Exit-Strategie parat zu haben und diese zu befolgen. Wie solche Exit-Strategien aussehen können und inwiefern Ihr Depot davon profitiert, lesen Sie hier.

Inhaltsverzeichnis

Jede geplante Handlung im Rahmen eines Aktienverkaufs lässt sich als Exit-Strategie interpretieren. Eine solche Exit-Strategie ist im Vorfeld definiert und erlaubt es dem Investor regelbasiert am Markt zu agieren, statt sich von Emotionen leiten zu lassen. Im Handelsplan fungiert der Exit als Gegenpart zum Kaufsignal, zu welchem wir bereits einen detaillierten Artikel veröffentlicht haben.

Exit anhand technischer Analyse

Die technische Analyse versucht zukünftige Aktienpreise anhand des Kurscharts und -volumens zu prognostizieren. Verfechter der technischen Analyse nehmen an, dass jegliche Informationen bereits im Preis widergespiegelt werden. Demnach seien Analysen von Unternehmensberichten und volkswirtschaftlichen Daten nicht nötig, da diese Daten eingepreist sind. Gleichermaßen gilt die Annahme, dass psychologische und politische Faktoren im Kurschart reflektiert werden. Technische Analysten verwenden oft mathematische Berechnungen, um mit den Preisdaten Modelle zur Prognose des Aktienkurses zu bauen. Solche Berechnungen werden im Fachjargon „Indikatoren“ genannt und lassen sich als Kaufsignale verwenden.

Zur Thematik der technischen Analyse haben wir bereits einen ausführlichen Artikel veröffentlicht, in welchem wir auf die verschiedenen Verfahren eingehen.

Die technische Analyse bietet unbegrenzte Möglichkeiten zur Gestaltung von Exit-Strategien. Je nach Anlegertypus sind einige Exit-Strategien mehr oder weniger geeignet.

Beispiel einer Exit-Strategie anhand des Corona Crashs

Im Frühjahr 2020 ist der S&P 500 Index im Zuge der Corona-Krise um 35 % eingebrochen. Viele Investoren mussten entsprechende Buchverluste hinnehmen und durch eine fehlende Exit-Strategie mitunter reale Verluste im Depot verzeichnen.

S&P 500 im Frühjahr 2020 mit dem 200-Perioden gleitenden Durchschnitt

Anhand des vorliegenden Beispiels können wir eine simple Exit-Strategie konstruieren: In der technischen Analyse wird angenommen, dass Kurse oberhalb eines gleitenden Durchschnitts für einen Aufwärtstrend sprechen, wohingegen Kurse unterhalb des gleitenden Durchschnitts einen Abwärtstrend implizieren. Besonders beliebt ist der 200-Perioden gleitende Durchschnitt, welcher sich zur Konstruktion einer Exit-Strategie verwenden lässt. Sollte der Kurs unter den 200-Perioden Durchschnitt fallen, greift die Exit-Strategie und wir stellen die Aktienposition glatt (dargestellt in rot). Im Gegensatz zum Investor ohne Exit-Strategie liegt der maximale Wertrückgang im Depot mit einem Exit anhand des gleitenden Durchschnitts bei lediglich 8 %.

Exit aus antizyklischen Aktien

Zwar ließe sich der Durchbruch oberhalb des gleitenden Durchschnitts als Kaufsignal interpretieren, jedoch möchten wir in diesem Beispiel einen Exit aus antizyklischen Aktien zeigen. Viele institutionelle Investoren schichten ihr Kapital in Zeiten einer Rezession in antizyklische Aktien um. Die Annahme ist, dass solche Aktien weniger konjunkturabhängig sind und daher in volatilen Zeiten für Stabilität im Depot sorgen. In expansiven Zeiten jedoch sind die erwarteten Renditen antizyklischer Aktien niedriger, wodurch sich eine erneute Umschichtung empfiehlt. 

Mehr zum Thema antizyklische Aktien erfahren Sie im separaten Artikel, in welchem wir detailliert die Hintergründe und das Vorgehen behandeln.

Sollte der Kurs oberhalb des gleitenden Durchschnitts steigen, könnte dies als Exit-Strategie aus einer antizyklischen Allokation interpretiert werden (grün dargestellt). Ein Investor könnte an dieser Stelle das Kapital wieder in jene Aktien umschichten, welche (erwartungsgemäß) vermehrt von einer Expansion profitieren.

Exit mittels Stop-Lass

Jeder Investor sollte geeignete Maßnahmen ergreifen, um Verluste effektiv und systematisch zu begrenzen. Beliebte Risiko-Management Werkzeuge sind Put-Optionen oder Stop-Loss-Orders. Optionen sind komplexe Derivate, welche wir in einem separaten Artikel genauer thematisieren.

Stop-Loss-Orders sind schnell eingerichtet und äußerst effektiv für ein systematisches Risiko-Management sowie potenzielle Exit-Strategien. Eine besondere Art ist der Trailing-Stop, welcher automatisch dem Verlauf des Kurses folgt. Anhand eines solchen Trailing-Stops lässt sich eine Exit-Strategie konstruieren.

S&P 500 in der Finanzkrise 2008 und Trailing-Stop (Verlauf illustriert)

Im Zuge der Finanzkrise 2008 ist der S&P 500 um knapp 60 % eingebrochen. Viele Investoren fuhren hohe Verluste ein und einige Händler, welche mit Fremdkapital spekulierten, erlitten Totalverluste oder waren danach gar hochverschuldet. Mit einer geeigneten Exit-Strategie lassen sich solche Verluste vermeiden: Durch einen Trailing-Stop (in diesem Fall mit 20 % Abstand) wird die Position automatisch glattgestellt, sobald der Kurs um 20 % einbricht. Durch diese simple aber effektive Exit-Strategie ließe sich der Verlust auf 20 % reduzieren, statt einen Wertrückgang von knapp 60 % in Kauf zu nehmen.

Exit-Strategie anhand fundamentaler Analyse

Im Gegensatz zur technischen Analyse versucht die Fundamentalanalyse mittels betriebswirtschaftlicher Kennzahlen den fairen Wert einer Aktie zu bestimmen. Investoren, welche die Fundamentalanalyse zur Aktienbewertung heranziehen, schauen in die Quartals- und Jahresberichte der entsprechenden Unternehmen. Anschließend versuchen sie daraus abzuleiten, wie viel das Unternehmen anhand seiner Geschäftstätigkeiten wert ist und wie sich der Wert der Aktie entwickeln könnte. Zur Beurteilung von Aktien existieren unzählige Kennzahlen.

Neben den klassischen Bewertungskennzahlen wie dem Kurs-Gewinn-Verhältnis oder dem Aufstellen einer Discounted-Cashflow Analyse fällt auch die Analyse von Branchen in die Kategorie der Fundamentalanalyse. Mit der Branchenstrukturanalyse nach dem Porter Five Forces Modell können Investoren systematisch Branchen und Sektoren nach den besten Unternehmen filtern oder ganze Branchen aus dem Portfolio ausschließen. Auf diese Weise lassen sich individuelle Exit-Strategien generieren, um Emotionen aus der Anlagestrategie zu eliminieren.

Ein weiteres Beispiel ist die SWOT-Analyse. Bei diesem Verfahren werden die internen Faktoren eines Unternehmens mit den externen Umständen des Marktes verknüpft, um Unternehmen miteinander zu vergleichen und gegebenenfalls einen Exit durchzuführen.

Wenn Sie mehr über das Porters Five Forces Modell oder die SWOT-Analyse erfahren wollen, empfehlen wir Ihnen unsere detaillierten Artikel. 

Modelle fundamentaler Analyse als Grundlage für Exit-Strategien zu verwenden ist durchaus komplexer als es bei technischen Indikatoren der Fall ist. Grund dafür ist die Tatsache, dass fundamentale Rechercheergebnisse zunächst quantifiziert werden müssen, um klare Exit-Signale zu erhalten. Sollte ein Investor beispielsweise im Rahmen einer Branchenanalyse nach Porter feststellen, dass bald die Patente derBeispiel AG zur Herstellung eines Medikamentes ablaufen, muss im Vorfeld definiert werden, ob dies schon als Exit-Signal ausreicht. Ein weiteres Beispiel könnte die Anzahl der Lieferanten sein: Mit sinkender Anzahl steigt die Abhängigkeit zu den bestehenden Lieferanten, was negativ für das Unternehmen Beispiel AG ist. Eine valide Exit-Strategie muss vorher definieren, dass beispielsweise bei einem Rückgang von 15 % der Lieferanten ein Exit durchgeführt wird.

Konjunkturelle Indikation für eine Exit-Strategie

Die Konjunktur beeinflusst maßgeblich das Geschehen auf den Kapitalmärkten. Für eine vollumfängliche Analyse ist es daher unumgänglich die Konjunktur zu beobachten. Neben der technischen und fundamentalen Analyse bietet die konjunkturelle Analyse ebenfalls Möglichkeiten einer Exit-Strategie.

Zinsstrukturkurve: Differenz zehnjähriger und zweijähriger US-Anleihen

Historisch betrachtet lieferte die Zinsstrukturkurve äußerst akkurate Prognosen einer Rezession, wodurch sich eine Exit-Strategie anhand dieser Indikation anbietet: Rutscht die Differenz der Rendite zehnjähriger und zweijähriger US-Anleihen in den negativen Bereich (Verzinsung kurzfristiger Anleihen höher als die der langfristigen) deutet dies auf eine hohe Unsicherheit am Markt hin. 

Dieses Phänomen einer inversen Zinsstrukturkurve kann als Signal für eine Exit-Strategie dienen: Sollte die Zinskurve invers werden, können die Aktienpositionen entweder glattgestellt, in risikoärmere Anlageklassen oder in beispielsweise antizyklische Aktien umgeschichtet werden.

Fazit: Definierte Exit-Strategien für erfolgreiches Investieren

Jede Strategie benötigt eine klar definierte Exit-Strategie. Es muss im Vorfeld bestimmt werden, unter welchen Bedingungen eine Position glattgestellt wird und inwiefern eine Umschichtung erfolgt. Investoren ohne Exit-Strategie laufen Gefahr, Rezessionen im Depot nicht abfedern zu können oder bei vielen Trades tief in die roten Zahlen zu rutschen. Die technische, fundamentale oder konjunkturelle Analyse bildet dabei den Rahmen für eine valide und replizierbare Exit-Strategie, um erfolgreich am Markt zu agieren.

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Kai Heinrich

Kai Heinrich

Kai Heinrich ist seit 2012 im Vorstand der Plutos Vermögensverwaltung AG und verantwortet schwerpunktmäßig die Bereiche Unternehmenssteuerung, Bestandskundenbetreuung, Fondsmanagement und Organisation. Zusätzlich ist er Fondsmanager des Kana NEB Funds und agiert neben Thomas Käsdorf als Co-Fondsmanager des offensiven Mischfonds Plutos Multi Chance.

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