Welche Sektoren gelten als krisensicher während einer Rezession?

Während einer Rezession fallen Aktien oft drastisch. Dabei sind Preisrückgänge von mehr als 50 % keine Seltenheit. Zwar sind die ökonomischen Vorgänge in vielen Rezessionen vergleichbar, jedoch ist jede Rezession einzigartig: Je nach Grund der Rezession gibt es immer Sektoren, die mehr oder weniger in Mitleidenschaft gezogen werden. Einige Sektoren profitieren gar von einer Rezession. Mehr dazu in diesem Artikel.

Inhaltsverzeichnis

Rezession und BIP: Eine kurze Definition

Bevor wir den Aktienmarkt betrachten, werfen wir einen Blick auf die Realwirtschaft. Wir definieren klar, was unter einer Rezession zu verstehen ist: Im ökonomischen Sinne ist eine Rezession eine Phase, in der die gesamtwirtschaftliche Leistung eines Landes über einen längeren Zeitraum schrumpft. In Deutschland und Europa wird allgemein von einer Rezession gesprochen, wenn das Bruttoinlandsprodukt (BIP) zwei aufeinanderfolgende Quartale unter dem des Vorjahreswertes liegt.

Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) ist wiederum eine volkswirtschaftliche Kennzahl, die den Gesamtwert aller Waren und Dienstleistungen misst, die während eines bestimmten Zeitraums (in der Regel einem Jahr) innerhalb der Landesgrenzen einer Volkswirtschaft erwirtschaftet wurden.

Das Angebot orientiert sich dabei an der Nachfrage. Wobei der Preis des Angebots und die Menge der Nachfrage aufeinander wechselwirken.

In einer Rezession kommt es auf die Elastizität an

Die Preiselastizität ist eine Kennzahl in der Volkswirtschaft, die beschreibt, wie stark die Nachfrage nach einem Gut auf eine Preisänderung reagiert. Mathematisch wird die Preiselastizität (PE) berechnet als prozentuale Änderung der nachgefragten Menge (ΔQ) geteilt durch die prozentuale Änderung des Preises (ΔP): PE = (ΔQ/Q)/(ΔP/P)

Quelle: https://www.ionos.de/startupguide/unternehmensfuehrung/preiselastizitaet-der-nachfrage/

Je nachdem, wie elastisch die Nachfrage ist, fluktuieren die Umsätze der Unternehmen einzelner Sektoren bei einer Preisänderung. Unternehmen in Märkten mit elastischer Nachfrage müssen besonders stark im Preiskampf sein.

Quelle: https://www.immothek24.com/e-campus/weiteres/die-immobilienfrage_archiv/preoselastizitaet.php

Faktoren, die die Preiselastizität beeinflussen:

  • Verfügbarkeit von Substituten: Je mehr Substitute es für ein Gut gibt, desto elastischer ist die Nachfrage.
  • Notwendigkeit des Gutes: Je notwendiger ein Gut für den Konsumenten ist, desto inelastischer ist die Nachfrage.
  • Zeitspanne: Kurzfristig ist die Nachfrage in der Regel inelastischer als langfristig.

Nachfrageverhalten in der Rezession

Das obige Modell zeigt zwar, wie die Nachfrage auf Preisänderungen der Angebotsseite reagiert, nicht aber, wie es in einer Rezession aussieht – zumindest nicht per se. Die Unternehmen heben in einer Rezession schließlich nicht kollektiv die Preise an – im Gegenteil: Oft sinken die Preise sogar in Folge der rückläufigen Nachfrage.

Spannend ist aber, dass jene Sektoren, die eine besonders unelastische Nachfrage haben, auch jene Sektoren sind, die in einer Rezession besonders stabil bleiben. Das sind vor allem, aber nicht ausschließlich, folgende Sektoren:

1. Gesundheitswesen: Menschen werden immer krank und brauchen medizinische Versorgung, unabhängig von der Wirtschaftslage. Daher sind Unternehmen im Gesundheitswesen wie Krankenhäuser, Arztpraxen und Pharmaunternehmen relativ stabil gegenüber wirtschaftlichen Abschwüngen.

2. Grundnahrungsmittel: Lebensmittel und Getränke gehören zu den Grundbedürfnissen der Menschen. Selbst in schwierigen Zeiten kürzen die meisten Menschen ihre Ausgaben für Lebensmittel nicht drastisch. Daher sind Unternehmen in der Lebensmittel- und Getränkeindustrie wie Supermärkte, Lebensmittelhersteller und Getränkehersteller relativ krisensicher.

3. Verbraucherdienstleistungen: Einige grundlegende Verbraucherdienstleistungen sind weiterhin gefragt, auch in Rezessionen. Dazu gehören z. B. Friseurdienste, Reinigungen und Kfz-Reparaturen. Unternehmen in diesen Branchen können daher relativ stabil sein.

4. Bildungswesen: Bildung ist eine langfristige Investition, die viele Menschen auch in wirtschaftlich schwierigen Zeiten zu tätigen bereit sind. Daher sind Unternehmen im Bildungswesen wie Schulen, Universitäten und Weiterbildungseinrichtungen relativ krisensicher.

5. Bestattungswesen: Die Nachfrage nach Bestattungsdienstleistungen ist relativ unempfindlich gegenüber wirtschaftlichen Schwankungen. Daher gelten Unternehmen im Bestattungswesen als krisensicher.

Rezession ist nicht gleich Rezession

Es kommt aber nicht ausschließlich auf die Preiselastizität an. Betrachten Sie zum Beispiel die COVID-Pandemie. Während Unternehmen in etlichen Branchen nicht nur hohe Verluste, sondern auch Insolvenzen erlitten, verzeichneten Unternehmen des Pharmasektors enorme Umsatzanstiege und damit verbunden Kursexplosionen. Beispielsweise der enorme Kursanstieg bei Bio-N-Tech im Zuge der Pandemie:

Quelle: Tradingview, https://de.tradingview.com/chart/WPtiuvWO/

Das zeigt, dass Rezession nicht gleich Rezession ist. Jede Krise ist anders, auch wenn die Charts relativ ähnlich aussehen. Auf diese Individualität der Krisen gilt es zu achten, statt einen „one size fits it all“ Plan zu fahren.

Fazit: Zurück zu den Grundlagen

Wenn es konjunkturell mal eng wird, gilt für die Nachfrage: Zurück zu den Grundlagen. Luxusausgaben (z. B. Urlaube) werden gestrichen bzw. in die Zukunft geschoben. Notwendiges (z. B. Medizin, Lebensmittel) wird weiterhin konsumiert, weil es eben keine Alternative gibt.

Je unelastischer die Nachfrage auf einem Markt ist, desto eher können Sie davon ausgehen, dass jene Unternehmen besser durch die Rezession kommen werden als andere Titel in Ihrem Depot.

Dennoch gilt es jede Rezession zwar als wiederkehrendes und klassifizierbares, aber auch als einzigartiges Ereignis zu betrachten – sei es Schadensbegrenzung oder Renditemaximierung.

Sollten Sie noch Fragen haben, nehmen Sie gerne Kontakt auf!

Whitepaper: Investieren in Dividendenaktien

Anleger sollten bei der Auswahl ihrer Dividendenaktien nicht nur auf die Dividendenrendite achten. Denn diese wird oft auf Basis der zuletzt gezahlten Dividende angegeben, steht aber im Verhältnis zum derzeitigen Aktienkurs. Erfahren Sie mehr in unserem kostenlosen Whitepaper.

Wichtige Hinweise:

Die in der Rubrik zur Verfügung gestellten Informationen erfolgen nach bestem Wissen und Gewissen. Informationen im Rahmen von Finanzanlagen unterliegen aber stetiger Veränderungen und wechselnder Einschätzungen. Eine Haftung wird ausgeschlossen.
Sofern in den Darstellungen Charts verwendet werden, beziehen sich diese auf den dort angegebenen vergangenen Zeitraum, die angegebene Währung und es ist angegeben, ob es sich um eine Betrachtung vor oder nach Kosten handelt. Eine Kurs- oder Wertentwicklungen in der Vergangenheit ist kein verlässlichen Indikator für zukünftige Ergebnisse. Jede Finanzanlage hat bestimmte Risiken, bitte beachten Sie die Risikohinweise.

Die Plutos Vermögensverwaltung AG ist ein kommerzieller Anbieter, die Ausführungen können daher auch werbliche und bezahlte Elemente beinhalten. Die Informationen stellen keine Anlageberatung oder Kauf- oder Verkaufsempfehlung dar, sondern sind eine Momentaufnahme der Finanzmärkte. Wir empfehlen grundsätzlich vor jeder Entscheidung die Beratung durch Ihre Bank oder einen unabhängigen Vermögensverwalter. Die Plutos Vermögensverwaltung AG erhält, sofern nicht anders angegeben, keine besondere Vergütung für die veröffentlichten Beiträge. Sofern sie aber Funktionen im Rahmen einer dargestellten Finanzanlage wahrnimmt, kann sie hierfür eine Vergütung erhalten.
Zur weiteren Information beachten Sie bitte die rechtlichen Hinweise.

Kai Heinrich

Kai Heinrich

Kai Heinrich ist seit 2012 im Vorstand der Plutos Vermögensverwaltung AG und verantwortet schwerpunktmäßig die Bereiche Unternehmenssteuerung, Bestandskundenbetreuung, Fondsmanagement und Organisation. Zusätzlich ist er Fondsmanager des Kana NEB Funds und agiert neben Thomas Käsdorf als Co-Fondsmanager des offensiven Mischfonds Plutos Multi Chance.

Weitere Neuigkeiten

Steigende Arbeitslosigkeit in den USA, eine inverse Zinsstruktur und fallende Zinsen aus einem bisherigen Hoch: Viele Weichen sind auf Rezession gestellt. Was es mit den genannten Einflussfaktoren auf sich hat, was sie bedeuten und wie Anleger jetzt reagieren sollten, lesen Sie in diesem Artikel.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert